In einem reichen Land wie Deutschland sollte kein Kind unter Armut leiden, kein Kind auf Kultur, Sport oder ein gesundes Essen verzichten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Nach Schätzungen des Kinderhilfswerks sind in Deutschland 2.8 Millionen Kinder von Armut betroffen; d.h. jedes 5. Kind ist von Armut bedroht.
Zu den Risiken von (Kinder)Armut zählen u.a. Langzeiterwerbslosigkeit, Migration, mangelnde Bildung und der Status alleinerziehend. Kinderarmut ist in der Regel begründet in der Armut der Eltern oder des Haushalts in dem die Kinder aufwachsen. In den letzten Jahren hat sich Armut verfestigt, sie „vererbt“ sich. Durch Studien untermauert lässt sich plakativ formuliert festhalten: Arme Kinder sind weniger gesund, haben weniger Bildungschancen, können weniger an Kultur und Sport teilhaben, haben weniger soziale Kontakte, mehr Ängste, ein negatives Selbstbild und – in der Selbsteinschätzung – häufig eine negativere Zukunftsperspektive.
Kinderarmut beeinträchtigt das Aufwachsen und das Wohlergehen von Kindern. Die Frage, ob es Kindern hilft, wenn man armen Familien mehr Geld gibt, wird allerdings kontrovers diskutiert. Die Höhe des Regelsatzes ist nicht unbedingt entscheidend, denn bei vielen armutsbetroffenen Eltern (nicht bei allen!) hat Priorität, dass die Bedürfnisse ihrer Kinder befriedigt werden. Je länger jedoch die Armut besteht, desto weniger können sie ihren Kindern das bieten, was andere Kinder auch bekommen.
Es geht nicht nur darum unter welchen ökonomischen, sondern auch unter welchen emotionalen Vorzeichen Kinder aufwachsen. So wie die Zufriedenheit der Eltern auf die Kinder abfärbt, ist es auch umgekehrt. Und es ist leider festzustellen, dass Verwahrlosung und die Gleichgültigkeit der Eltern zunehmen; die Inobhutnahmen der Jugendämter sprechen hier eine eindeutige Sprache.
Es gibt nicht den einen Hebel, den man nur umlegen muss, um Kinderarmut zu beseitigen. Kinderarmut und soziale Ausgrenzung sind vielschichtig und haben viele Gesichter. Die Benachteiligung eines Kindes kann sich materiell äußern (Kleidung, Wohnung, Nahrung), sozial (soziale Kontakte, soziale Kompetenzen), gesundheitlich (physisch und psychisch) und kulturell (Bildung, Sprache, kognitive Entwicklung). Nicht selten ist die Lebenslage eines armutsbetroffenen Kindes durch multiple Depravation gekennzeichnet.
Kinderarmut ändert man nicht durch Mitleid oder auf einer individuell moralischen Ebene. Kinderarmut kann man durch strukturelle Maßnahmen (Mindestlohn, Ausbau der Ganztagsbetreuung, verstärkter Einsatz von Schulsozialarbeitern , Chancengerechtigkeit in der Bildung, jedes Kind erhält einen schulischen Abschluss und jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz) und durch individuelle Förder- und Unterstützungsmaßnahmen entgegentreten. Das Zusammenspiel der Akteure auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ist dabei ebenso erforderlich wie die Bündelung der Maßnahmen und die Vernetzung der Akteure vor Ort. Mit der Entwicklung eines gemeinsamen Leitbildes „Was wollen wir in unserer Kommune gegen Kinderarmut tun?“ und einer gemeinsamen Ziel- und Maßnahmenplanung entsteht ein gesteuertes und zielgerichtetes Netzwerk gegen Kinderarmut.
Engagement und Maßnahmen gegen Kinderarmut wirken den sozialen Disparitäten entgegen; für armutsbetroffene und armutsgefährdete Kinder bedeuten sie die Teilhabe an den Möglichkeiten einer gelingenden Entwicklung und eines Aufwachsens im Wohlergehen. Sozialpolitisch stellen sie ein Stück Zukunftssicherung der Kommunen, hier des Landkreises Peine, dar.
Neben empirischem Material, das in einem Bericht zur Kinderarmut festgehalten ist, und der Netzwerkarbeit, aus der konkrete Maßnahmen und Projekte hervorgetrieben werden, besteht die dritte Säule in einer Leitlinie zur Prävention von Kinderarmut und zur Linderung der Folgen von Kinderarmut: