Asylpolitik im Wandel?

Eine abgestimmte europäische Asylpolitik (5 Länder in der EU nehmen 70 Prozent der Flüchtlinge auf) gibt es nach wie vor nicht, obwohl der Flüchtlingsstrom weiter zunimmt und das Thema Flüchtlinge weder politisch noch gesellschaftlich beiseite geschoben werden kann. Doch selbst angesichts der über 3.000 im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge fehlt es in der EU an politischer Ernsthaftigkeit, sich der humanitären Seite anzunehmen. Ein Stück weit herrscht globalisierte Gleichgültigkeit.

Die EU verlagert das Flüchtlingsproblem nach außen. Abschreckung hat Vorrang, das Abschottungsdenken dominiert: Der Versuch, Italiens humanitäre Operation Mare Nostrum zu europäisieren, scheiterte. Mit Mare Nostrum wurden mehr als 130.000 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet; ersetzt wurde Mare Nostrum durch das Programm Triton der EU-Grenzagentur Frontex. Triton soll vor allem Europas Grenzen sichern.

Die Ukraine sperrt Flüchtlinge ein und erhielt aus Brüssel einen zweistelligen Millionenbetrag für die Renovierung und den Bau von Haftanstalten.

Der 7 Meter hohe stacheldrahtbewehrte Grenzzaun in der spanischen Exklave Melilla spricht für sich. Trotz dieser und anderer Abschottungsmaßnahmen reißt der Flüchtlingsstrom jedoch nicht ab.

Asylpolitik auf Bundesebene zeichnete sich bisher dadurch aus, dass die Integration von Asylbewerbern erst erwünscht war, wenn der Aufenthalt gesichert ist. Bis jedoch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt ist, vergehen Jahre des Asylverfahrens und der Duldung. Ein Anspruch auf einen Deutschkursus  besteht in dieser Zeit nicht; eine Arbeitsaufnahme ist nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen möglich.

In 2014 hat es für die Asylbewerber Verbesserungen gegeben: Die Residenzpflicht wurde aufgehoben, von Sach- wurde auf Geldleistungen umgestellt und Asylbewerber können schneller Arbeit aufnehmen, und zwar bereits nach 3 Monaten. Die Bundesagentur prüft in diesem Fall, ob der für den zugewanderten Arbeitssuchenden in Betracht kommende Arbeitsplatz durch Deutsche, Unionsbürger oder Ausländer mit uneingeschränktem Arbeitsmarktzugang besetzt werden kann. Nach 15 Monaten entfällt die Vorrangprüfung. Wirtschaft und Handwerk sind angesichts des Fachkräftemangels diese Regelungen noch nicht weitgehend genug.

Zudem wächst die Erkenntnis, dass die meisten der Flüchtlinge, die aus Ländern, wie Eritrea, Somalia, Afghanistan, Syrien oder dem Irak kommen, sehr lange oder auf Dauer in Deutschland bleiben werden. Schon von daher macht es Sinn, ihnen hier eine Perspektive zu eröffnen. Es gilt, ihre Potenziale zu nutzen und sie besser in unsere Gesellschaft zu integrieren, damit sie nicht von unserem Sozialsystem leben müssen, sondern es stärken.

Der Bund stellt in diesem und im nächsten Jahr je 500 Mill. € für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern zur Verfügung. Davon fließen etwa 500.000,-  € in den Landkreis Peine. Sie sollen im Wesentlichen für die soziale Betreuung der Asylbewerber eingesetzt werden. Das Maßnahmepaket sieht folgendermaßen aus:

  • In allen Gemeinden des Landkreises wird frühzeitig mit Sprachgrundkursen begonnen, Aufbaukurse finden in der Stadt Peine statt
  • Jede Gemeinde erhält eine halbe Stelle für die Einrichtung einer Sozialpädagogenstelle, die Gemeinde Ilsede 0,75 Stellenanteile und die Stadt Peine erhält 2 Stellen
  • Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit wird jeder Gemeinde ein Betrag von 5.000,- €, der Stadt von 10.000,- € zur Verfügung gestellt
  • Den Gemeinden wird empfohlen, runde Tische einzurichten und ehrenamtliche Flüchtlingsbeauftragte zu installieren
  • Um den Asylbewerbern eine Tagesstruktur zu bieten, werden Angebote für gemeinnützige Arbeit gemacht
  • Um gerade in den ersten Monaten die Verständigung zu erleichtern, wird für Übersetzungstätigkeiten ein Pool aus Kulturdolmetschern, Migranten u.a. gebildet
  • Für die Integration in Arbeit wird ein Netzwerk aus Jobcenter, Agentur für Arbeit und Bildungsträgern konkrete Schritte entwickeln und Angebote zur Berufsberatung, Bewerbungshilfe und Anerkennungsberatung machen
  • Im Bereich der Gesundheit wird überprüft, ob nach dem Bremer Vorbild die Einführung einer Gesundheitskarte auch im Landkreis Peine möglich ist
  • Bei den Kindertagesstätten und Schulen wird abgefragt, welchen Unterstützungsbedarf – besonders bei der Sprachförderung – sie benötigen

Bei allen genannten Maßnahmen, Aufgaben und Projekten wird es ganz entscheidend darauf ankommen, sie gut zu koordinieren und ehrenamtliches und professionelles Engagement gut miteinander zu verknüpfen.

Ist das schon ein Paradigmenwechsel in der Asylpolitik? Zuversichtlich stimmt, dass es auf kommunaler Ebene viel ehrenamtliches Engagement, eine ungebrochene Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge sowie zahlreiche Willkommensinitiativen gibt. All zu oft stehen aber ordnungspolitische und humanitäre Interessen im Widerspruch, wie die aktuelle Diskussion zum Kirchenasyl zeigt. Für eine kohärente Asylpolitik bedarf es daher der Abschaffung gesetzlicher und bürokratischer Hemmnisse sowie weiterer, Klarheit schaffender, politischer Schritte.

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