Flüchtlingspolitik als kommunale Herausforderung

Kein anderes Thema schlägt derzeit mehr Wellen als die Flüchtlingspolitik. Im Landkreis Peine ist es bisher gut gelungen, alle ankommenden Flüchtlinge u.a. in den Gemeinschaftsunterkünften im Lehmkuhlenweg, der ehemaligen PTC-Halle, in Groß Lafferde sowie in gemeindeeigenen und privaten Wohnungen unterzubringen. Wenn die Zahl der Flüchtlinge weiterhin steigt, wird es allerdings in 2016 eng mit den räumlichen Kapazitäten. Für die nächsten Monate bedarf es daher einer vorausschauenden Planung, um die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen und den Bau von Containern ebenso zu vermeiden wie die Nutzung von Turnhallen.

Der Landkreis Peine ist mit einer ganzen Reihe von Integrationsmaßnahmen in Vorleistung gegangen, da die angekündigten Mittel von Bund und Land noch nicht angekommen sind. So bezahlt der Landkreis die in der Stadt und den Gemeinden für die Asylbewerber tätigen Sozialpädagogen und begleitet deren Arbeit. Dezentral in der Stadt und in den Gemeinden wurden Deutschkurse eingerichtet und den Kommunen werden Mittel zur Unterstützung ihrer ehrenamtlichen Arbeit zur Verfügung gestellt. Der Einsatz der Kulturdolmetscher wird finanziert, die Beratungskapazitäten der Caritas wurden aufgestockt, runde Tische eingerichtet, Patenschaften angeregt usw.  In der Bevölkerung stellen wir eine große Hilfsbereitschaft fest und wir haben viel ehrenamtliches Engagement. Dass das so gut funktioniert, darauf dürfen wir durchaus stolz sein. Das vielfältige ehrenamtliche Engagement wollen wir noch stärker bündeln und mit den professionellen Hilfen besser verzahnen. Als nächstes wollen wir unser Augenmerk auf die 18-25-jährigen legen und herausfinden, welche Qualifikationsprofile sie haben und anschließend mit dem Handwerk u.a. darüber reden. Es ist doch besser, wenn Asylbewerber mit Bleibeperspektive in unsere Sozialkassen einzahlen, als wenn sie Leistungen aus unseren Sozialsystemen erhalten.  Wer arbeitet, wird schneller integriert und wir wissen auch, ohne Einwanderung können wir langfristig unseren Wohlstand nicht halten. Ferner wollen wir uns um die 4-5-jährigen kümmern, um deren Kita-Besuch, damit sie mit ausreichenden Deutschkenntnissen zur Schule kommen. Das Ganze zielt auf ein Bündnis von Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, mit dem Hilfsbereitschaft, Integrationskonzepte, individuelle und staatliche Mittel sowie die Möglichkeiten von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden zusammengeführt werden.

Bei alledem verlieren wir die europäische und weltweite Dimension der Flüchtlingsproblematik mit ihren Auswirkungen auf die Kommunen nicht aus dem Blick. In Europa gibt es keine Solidarität bei der Aufnahme der Flüchtlinge, sondern nur nationale Egoismen. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus reüssieren, weil die EU  keine erkennbaren Konzepte zur Lösung der Flüchtlingskrise hat. Die  Ursachen der Flucht, wie die Wirtschaftsmisere auf dem Balkan, der Krieg im Nahen Osten sowie die Kriege und Wirtschaftsmiseren in etlichen Staaten Afrikas werden nicht bekämpft. Abgesehen davon, eine wie auch immer geartete Fluchtursachenbekämpfung dauert, wohingegen die Flüchtlinge heute Hilfe brauchen.

Hinzu kommt, dass Bund und Land  beim Geld den Schwarzen Peter viel zu lange hin- und hergeschoben und die Kommunen allein gelassen haben. Die Politik in Berlin hat auf die immens gestiegenen Flüchtlingszahlen viel zu zögerlich reagiert und es an Klarheit und Positionierung fehlen lassen, was das Klima für die rechtsradikalen Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte zumindest ein Stück weit begünstigt hat. Allerdings braucht es mehr als Geld für die Unterbringung der Flüchtlinge. Denn zur Zeit steuern wir gesellschaftlich auf eine zunehmende Polarisierung zu. Auf der einen Seite Rechtsradikale und Rechtspopulisten, auf der anderen Seite das linksliberale, zum Gutmenschentum neigende Bürgertum und große Teile der Zivilgesellschaft. Dazwischen liegt ein Graben des Schweigens. Ein Zustrom von Flüchtlingen in diesen Dimensionen verläuft jedoch niemals glatt. Er ruft immer  Spannungen, Ängste und Konflikte hervor; denn auf dem Spiel stehen  Identität, Statussicherheit und Ressourcen. Darüber ist zu reden. Nötig sind daher nicht nur Geld und Konzepte, nötig ist ein gesellschaftlicher Dialog, ein konstruktives Streiten. Nicht nur in Berlin,  auch auf kommunaler Ebene.

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