Die neue Wohnungsfrage

Die große Zahl der Flüchtlinge schafft für Kommunen das Problem, für die Neuankömmlinge vernünftige Unterkünfte zu finden. Vielfach werden sie in Turnhallen, Containern, Hotels und Behelfsunterkünften untergebracht, nur damit sie erst mal ein Dach über dem Kopf haben. Auch wenn nicht alle Flüchtlinge und Asylsuchenden auf Dauer in Deutschland bleiben, wird der Bedarf an Wohnraum deutlich zunehmen. Hier geht es darum, vorausschauend zu agieren, um nicht neue soziale Ungleichheiten zu erzeugen.

Bis 2020 geht Bundesbauministerin Barbara Hendricks von einem Bedarf von 350.000 Wohnungen jährlich aus. Nach den Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft wurden in Deutschland zwischen 2010 und 2014 gut 310.000 Wohnungen zu wenig gebaut. Ein politisches Versäumnis, zweifellos.

Eine Wohnungsmarktanalyse des Pestel-Instituts veranschlagt den Gesamtwohnungsbedarf im Landkreis Peine im Jahr 2015 auf rund 930 Wohnungen. Es fehlen vor allem bezahlbare Wohnungen für Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in Ausbildung, einkommensschwache Haushalte und eben Flüchtlinge. Fehlender Wohnraum führt meist zu Prozessen der Verdrängung und birgt sozialen Sprengstoff in sich.

Es besteht Konsens darüber, Flüchtlinge zeitnah im regulären Wohnungsbestand zu integrieren, jedoch fehlt es in vielen Kommunen, so auch in Peine, an bezahlbarem Wohnraum. Es besteht ebenfalls Konsens darüber, jegliche Ghettobildung zu vermeiden; denn man will die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.

Für die Schaffung von Wohnraum, Stichwort sozialer Wohnungsbau, werden im Landkreis dezentrale Ansätze, eine rundum gute Infrastruktur sowie als selbstverständliche Aufgabe Quartiers- und Sozialmanagement gebraucht. Das Schaffen von Wohnraum ist aktive Stadt-, Raum- und Sozialpolitik. Denn mit dem Wohnungsbau hängen Fragen der Chancengleichheit, der Mobilität, der Inklusion und Partizipation zusammen. Beispielsweise: Gemeinsam oder segregiert wohnen, mit welcher Infrastruktur ist das Quartier ausgestattet, welche Zugänge zu öffentlichen Einrichtungen sind vorhanden, gibt es generationenübergreifende Angebote oder welcher energetische Standard ist vorgesehen? Ziel sollte daher nicht sein, möglichst schnell billigen Wohnraum, womöglich besonders für Flüchtlinge, zu schaffen, sondern nachhaltig durchdachte und gemischte Wohnquartiere zu generieren, die Architekten im Dialog gemeinsam mit den Bewohnern eines Viertels oder eines Dorfes ästhetisch ansprechend entwickeln. Um nicht zukünftig ebenso absehbare wie vermeidbare Probleme zu schaffen, läge ein vorausschauendes Nachdenken über die neue Wohnungsfrage, gestützt auf historische Erfahrung und aktuellen technologischen Wissensstand, im Interesse aller.

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