Elektronische Gesundheitskarte für Asylbewerber ist Streitpunkt

Noch keine Lösung gibt es für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Bundesländer und Kommunen handhaben diese Frage ganz unterschiedlich. In den Stadtstaaten Hamburg und Bremen gibt es die Gesundheitskarte bereits seit 2012. Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind dabei, die Gesundheitskarte einzuführen. Zuständig sind jedoch die Städte und Landkreise. In Nordrhein-Westfalen geben derzeit 16 von 396 Kommunen Gesundheitskarten aus, in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist es keine einzige. Das hat vor allem etwas mit den Kosten zu tun.

Kurz zum Hintergrund: Asylbewerber erhalten während der ersten 15 Monate ihres Aufenthalts gemäß Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkte Gesundheitsleistungen, das sind Grundleistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und von Schmerzzuständen erforderlich sind. Abgerechnet wird mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Kosten trägt die Kommune, in unserem Fall ist dies der Landkreis Peine.

Trotz erheblicher Bedenken der kommunalen Spitzenverbände hat das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit den Landesverbänden der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Rahmenvereinbarung zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte geschlossen. Die Bedenken der Kommunen konzentrieren sich auf mehrere Punkte: Bisher haben die durchschnittlichen Kosten der Krankenversorgung rund 1.320 € pro Person und Jahr ausgemacht. Für Leistungsberechtigte, die nach Ablauf von 15 Monaten in der Regel den gleichen Anspruch wie gesetzlich Versicherte haben, beliefen sich die durchschnittlichen Kosten hingegen auf 2.042 €. Die Gesundheitskarte würde also wahrscheinlich dazu führen, dass die Kosten deutlich in die Höhe schnellen. Auch ist der eingeschränkte Leistungsanspruch nicht mehr gewährleistet. Denn die GKV prüft die Abrechnung der Ärzte nicht und dem Landkreis steht kein Beanstandungsrecht und auch kein Erstattungsanspruch zu. Hinzu kommen die Verwaltungskosten; sie betragen 8% der Krankenleistung, mindestens 10 Euro monatlich pro Person. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Kosten unverhältnismäßig hoch sind, der gesetzlich vorgesehene eingeschränkte Leistungsanspruch nicht mehr gewährleistet ist und aufgrund der 24-monatigen Gültigkeitsdauer der Gesundheitskarte zudem ein erhöhtes Missbrauchsrisiko besteht.

Eine andere Auffassung vertritt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Er kritisiert das jetzige Verfahren und fordert, die einschränkenden Paragraphen im Asylbewerberleistungsgesetz aufzuheben. Asylsuchende und Flüchtlinge sollen von Anfang an eine Gesundheitskarte erhalten und in das normale Gesundheitssystem eingegliedert werden. Dies sei ethisch geboten.

Der Streit um die Gesundheitskarte lässt sich wohl kaum auf kommunaler Ebene lösen. Da kann es bestenfalls einzelne Pilotprojekte geben. Auch die Länder verfahren ziemlich uneinheitlich. Wenn der Flickenteppich verschwinden soll, müssen der Bund und die Länder die Gesundheitskarte flächendeckend einführen und der Bund muss  die Kosten dafür komplett übernehmen. Eine andere Lösung wäre, um Flüchtlingen bundesweit den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen zu gewährleisten, die einschränkenden Leistungen aus dem Asylbewerbergesetz herauszunehmen. Sie sind ein Kind der Abschottungspolitik und sollen ja gerade dazu dienen, Flüchtlingen möglichst wenig Anreize  zu geben, nach Deutschland zu kommen, um sich  medizinisch behandeln zu lassen. Flüchtlinge von Anfang an mit Kassenpatienten gleichzustellen bedeutet, dass die gesetzliche Krankenversicherung zuständig würde. Es geht  also – hier wie da – um das liebe Geld.

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