Elterncafés und Familienzentren: ein niedrigschwelliger Ansatz der Familienbildung und -förderung

Zahlreiche Studien belegen, in Deutschland hängt die Bildung nach wie vor von der sozialen Herkunft ab. Aus den Neurowissenschaften wissen wir zudem, dass bei der Entwicklung des Gehirns der Schwerpunkt in den ersten 5 Jahren liegt. Die institutionelle Bildung beginnt in der Kindertagesstätte. Doch die Familie ist ein wesentlicher Beziehungs- und Bildungsort für Kinder, wahrscheinlich der wichtigste Bildungsort in den ersten Lebensjahren und für Selbstkonzept und Selbstwertgefühl des Kindes enorm wichtig. Familien zu stärken ist daher eine gute Bildungsinvestition. Es geht darum, Angebote so auszurichten, dass sie alle Eltern, in besonderem Maße die bildungsbenachteiligten, erreichen. Gekoppelt daran ist die Überlegung, die im Rahmen der Familienförderung und -stärkung bestehenden Angebote zu erweitern. Der flächendeckende Auf- und Ausbau von Elterncafés und Familienzentren (auch Eltern-Kind-Zentren genannt) ist dabei ein vielversprechender, niedrigschwelliger Ansatz in einem weit gespannten Hilfenetz  im Landkreis Peine, geboren aus der Erfahrung, dass zentrale Beratungsstellen, genau die Eltern, die die damit verbundenen Angebote am ehesten bräuchten, häufig nicht erreichen.

Elterncafés wie auch Familienzentren sind an dem Schnittpunkt zwischen Kinderbetreuung, Familienbildung und familienunterstützenden Angeboten angesiedelt. Dadurch dass sie an das direkte Betreuungsumfeld des Kindes gebunden sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern die Angebote auch wahrnehmen. Dafür müssen die Angebote auf die vor Ort bestehenden Strukturen und Sozialräume ausgerichtet sein und die Bedarfe der Eltern zielgruppen- und milieuspezifisch aufgreifen. Insofern gibt es keine konzeptionelle Blaupause für diese Orte.

Elterncafés wie Familienzentren schaffen Begegnungsmöglichkeiten; sie sind Treffpunkte für Familien, die hier in netter und ungezwungener Atmosphäre miteinander ins Gespräch kommen können. Sich mit anderen Eltern über Erziehungsfragen oder Entwicklung und Wahrnehmung der Kinder auszutauschen, stärkt die eigenen Erziehungskompetenzen, nimmt Unsicherheiten, hilft bei der Alltagsbewältigung und kommt der ganzen Familie zugute. Aus den Gesprächen und dem Austausch untereinander entwickeln sich eigentlich immer weitere vielfältige Informationsbedürfnisse: in Erziehungsfragen, nach Gesundheits-, Ernährungs- oder Schuldnerberatung, nach Möglichkeiten der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, nach Sprachkursen und Freizeitaktivitäten, nach Beratung in Stressabbau oder auch nach Beratung durch das Jobcenter. In der Verantwortung der Elterncafés und Familienzentren liegt es dann, die jeweils gewünschten Themenfelder und Fachgebiete in die Arbeit zu integrieren und darüber hinaus die Kitas zum Sozialraum hin zu öffnen bzw. die im Sozialraum vorhandenen Dienste und Vereine zu integrieren. Gelingt dies, werden die Eltern in frühkindliche Bildungsprozesse einbezogen und es findet gleichzeitig ein Stück Familienbildung und -förderung statt. Elterncafés und Familienzentren haben zudem das Potenzial, die widersprüchlichen durch den gesellschaftlichen Wandel provozierten Herausforderungen abzufedern; sie sind Orte der sozialen Chancen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.