Peine als Hochschulstandort – überfällig!

Über viele Jahre hat der Landkreis Peine immer mal wieder versucht, aus Peine einen Hochschulstandort zu machen. Überlegungen, eine Berufsakademie nach Peine zu holen, haben sich in der Vergangenheit zerschlagen. Ebenso wenig ist es gelungen, durch Gespräche mit der HAWK wenigstens einen Studiengang in Peine anzusiedeln. Auch Gespräche mit dem Wissenschaftsministerium, in Peine einen Fachhochschulstandort zu etablieren, waren nicht erfolgreich. Warum hingegen Salzgitter-Calbecht oder Holzminden als geeignete Hochschulstandorte taugen, Peine aber nicht, erschließt sich dem neutralen Beobachter nicht wirklich. Die Bemühungen in der Vergangenheit machen deutlich, es braucht das Engagement der Stadt, die Unterstützung der gesamten kommunalen Familie sowie von Einrichtungen, Betrieben, Wohlfahrtsverbänden etc., will man Peine erfolgreich und vor allen Dingen nachhaltig als Hochschulstandort etablieren.

Für Peine ist eine Hochschule ein Standortfaktor, der die Attraktivität der Stadt deutlich erhöhen dürfte; zumal wenn man neben Stahl, Schokolade und Automobilzulieferern zukunftsträchtige Bereiche stärken will. Die Gemeinden profitieren, weil sie durch duale Studiengänge für sich bzw. ansässige Betriebe eigenen Nachwuchs rekrutieren und weil sie junge Menschen binden und als künftige Steuerzahler gewinnen.

Für die Ansiedlung einer Hochschule ist der Zeitpunkt günstig. Aufgrund des demographischen Wandels werden landauf landab Fachkräfte gesucht. Der Fachkräftebedarf wird in den kommenden Jahren, folgt man den Prognosen der einschlägigen Institute, noch steigen. Im sozialen Bereich fehlen Erzieher/innen (nach einer Bertelsmann-Studie 3.300 allein in Niedersachsen), Sozialarbeiter/innen (für das Bundesteilhabegesetz werden bundesweit über 800 gesucht), Pflegefachkräfte (im Landkreis Peine mussten bereits zwei kleinere Einrichtungen wegen Fachkräftemangel schließen).

Wenn es in der Vergangenheit nicht gelungen ist, eine staatliche Hochschule nach Peine zu bekommen, muss man bei der Möglichkeit, eine private Hochschule zu gewinnen, zugreifen. Um einen Einstieg in die dualen Studiengänge zu finden, hat es daher Gespräche mit der International University of Applied Sciences (IUBH), einer privaten Hochschule, gegeben. Die IUBH ist bereit, in Peine ‚Soziale Arbeit‘ als duales Studium anzubieten. Sollte diese Chance auf einen Einstieg in einen Hochschulstandort nicht genutzt werden, steht realistischerweise zu befürchten, dass Peine in absehbarer Zeit kein Hochschulstandort wird. Das jetzt gegebene Zeitfenster gilt es daher zu nutzen.

Das duale Studium lebt von der Kooperation dreier Partner: Studierende/r, Unternehmen und Hochschule. Im Laufe eines Studienjahres sind die Studierenden 29 Wochen in ihrem jeweiligen Unternehmen tätig, sind also in dieser Zeit, beispielsweise beim Studiengang ‚Soziale Arbeit‘  in Kitas oder im Jugendamt, einsetzbar. Die Vorteile des dualen Studiums liegen auf der Hand: Das Praxisunternehmen erhält engagierte Mitarbeiter/innen mit einer Bindung für 3,5 Jahre; die soziale Einbindung der Studierenden in das Praxisunternehmen fördert auf der einen Seite Lernbereitschaft und Motivation, gibt auf der anderen Seite den Praxisunternehmen die Möglichkeit, die Studierenden kennenzulernen, direkte Ansprüche zu formulieren und etwa durch Projektarbeiten, aktuelle Fragestellungen bearbeiten zu lassen.

Das Studium ‚Soziale Arbeit‘, das mit dem Bachelor of Arts (B.A.), staatlich anerkannter Sozialarbeiter und Sozialpädagoge bzw. staatlich anerkannte Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin, abschließt, sieht Vertiefungen in den Bereichen „Soziale Dienste“, „Kindheitspädagogik“ und „Jugendsozialarbeit “ vor, so dass Einsatzgebiete u.a. sind: Kinderkrippen und Kindertagesstätten, Flüchtlings- und Migrationsarbeit, Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämter, Jobcenter, Jugendhilfeeinrichtungen, Wohlfahrtsverbände. Für den Landkreis Peine liegt der Charme dieses Studienganges darin, dass dadurch Gemeinden, ebenso wie kirchliche und freie Träger, Fachkräfte für Kindertagesstätten rekrutieren können, der Landkreis seinen Bedarf in den Fachdiensten decken kann, ferner Jugendhilfeeinrichtungen und Wohlfahrtsverbände ihren Bedarf an Sozialarbeiter/innen befriedigen können. Für Studierende ist das duale Studium in Peine attraktiv, weil sie bei den Praxisunternehmen eine vielfältige Ausbildungspalette vorfinden, die Praxisunternehmen die Studiengebühren übernehmen und sie im Studiengang ‚Soziale Arbeit‘ eine Vergütung von 500,- Euro monatlich im ersten Semester und danach von 650,- Euro erhalten.

Neben der ‚Sozialen Arbeit‘ ist über einen weiteren Studiengang in Peine bereits jetzt ernsthaft nachzudenken. Aufgrund der zahlreichen Logistikunternehmen in und um Peine kommt dafür der B.A. Logistik & Industrie in Frage. Ein Studiengang ‚Pflege‘ hätte mit Sicherheit auch gute Chancen der Realisierung. Perspektivisch ist die Zusammenarbeit mit weiteren privaten, aber auch mit staatlichen Hochschulen sinnvoll. Damit aber am 1. Oktober 2018 die ersten Studenten und Studentinnen in Peine beginnen können, ist es Zeit zum Handeln. Jetzt!

Nachtrag:

08.11. 2017: Der Kreisausschuss des Landkreises Peine beschließt als Praxisunternehmen für den Studiengang „Soziale Arbeit“ ab Oktober 2018 fünf Plätze zur Verfügung zu stellen.

Zum 1. Oktober 2018 beginnen 15 Studierende in dem Studiengang „Soziale Arbeit“.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.